E-Learning-System AUKOM Stufe 1  [ Lektionenübersicht ]
Grundlagen der Koordinatenmesstechnik
Lernmodul 4:  Koordinatenmessgeräte - Geschichte der Koordinatenmessgeräte

Exkurs
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Rückblick auf 45 Jahre Koordinatenmesstechnik
(Mit freundlicher Genehmigung von H.J Neumann, Oberkochen.)


  • Die Koordinatenmesstechnik basiert auf der schon lange vorher eingeführten eindimensionalen Längenmesstechnik. Diese wurde später durch das Abbesche Komparatorprinzip („Der Messapparat ist so anzuordnen, dass die zu messende Strecke die gradlinige Fortsetzung der als Maßstab dienenden Teilung bildet“) zu hohen Genauigkeiten gebracht. Beispiele dafür sind die Abbe-Längenmesser senkrecht (1933) und waagerecht (1935) von Carl Zeiss Jena, deren Maßverkörperungen Glasmaßstäbe waren.

 
  • Die ersten Koordinatenmessgeräte entstanden aus Lehrenbohrwerken, die schon über verstellbare Koordinatenachsen in messbaren Positionen verfügten. Ein Messmikroskop dieser Art war die „Trioptic“ von SIP, die 1961 vorgestellt wurde. Daraus entstand das Koordinatenmessgerät SIP 422 und später die SIP 560M CMM.
     

Quelle: John A. Bosch / Moore Tool Company
  • Die ersten Koordinatenmessgeräte entstanden in der Regel bei Herstellern von Werkzeugmaschinen. Sie mussten die Leistungsfähigkeit ihrer immer höher automatisierten Maschinen überprüfen. Ein allgemeiner Bedarf an Koordinatenmessgeräten war aber noch nicht erkennbar.
     
 
  • Ein Beispiel für diese Entwicklung ist ein Gerät von Ferranti, Edinburgh, Schottland. Es besaß eine außerordentlich gute Zugänglichkeit, war von Hand bedienbar und hatte einen fest an der Pinole angebrachten konischen Taster. Dieser war vor allem zum Messen von Bohrungsabständen geeignet.Er war gegen ein Projektionsmikroskop auswechselbar. Die Position der Achsen wurde mit Glasmaßstäben mit einer Auflösung von 12 µm ( 0,0005 inch) nach dem Moiré-Prinzip gemessen.
     
1956 Ferranti Koordinatenmessgerät (2D)
1962 auch Wegmessung in der Z-Achse


Quelle: John A. Bosch / Ferranti Ltd.

  • Die Firma Sheffield, die für Nordamerika die Maschinen von Ferranti vertrieb, entwickelte später eigene Geräte mit dem Markennamen „Cordax“ (für coordinate axes), der lange Zeit zum Synonym für Koordinatenmessgeräte wurde. In der Abbildung ist die Anzeige der Koordinaten in drei Achsen zu erkennen. Offensichtlich war auch an diesem Gerät nur ein fest an der Pinole angebrachter Taster im Gebrauch.
     
Cordax 1966 von Sheffield USA


Quelle: John A. Bosch / Ferranti Ltd.

  • Auf der Werkzeugmaschinenmesse 1967 in Hannover wurde von DEA erstmals ein schaltender Messkopf gezeigt. 1973 folgte eine Entwicklung von Renishaw. Im gleichen Jahr wurde eine voll automatisiertes Messgerät mit Tasterwechsler an Caterpillar in Peoria geliefert. DEA entwickelte sich zu einem der größten Hersteller von Messmaschinen. Im Zuge der später einsetzenden Marktkonsolidierung wurde DEA 1994 von Brown&Sharpe übernommen, danach im Jahre 2002 von Hexagon.

     
1963 DEA Prototyp (3D) 2,5m x 1,6m x 0,6m


Quelle: John A. Bosch / Franco Satorio

  
Die ersten Koordinatenmessgeräte in Deutschland


 
  • Bis 1973 war die Entwicklung der Koordinatenmesstechnik auf 2D- oder 3D-Geräte in Ständerbauweise beschränkt. Diese wurden vorwiegend in der Karosseriemesstechnik zum Messen und Anreißen eingesetzt. Hersteller in Deutschland waren Stiefelmayer, Mora, Wenzel und Zettmess. International waren die Firmen Portage/Bendix, Poli, Trimek, ITP und Brown&Sharpe in diesem Geschäft vertreten. Später wurden die Ständermessgeräte (auch Horizontalarm-Messgeräte genannt) mit Messkopfsystemen vorwiegend von Renishaw ausgerüstet. Die Firma Stiefelmayer entwickelte 1975 dafür einen vom Anreißen her bekannten genauen Würfel mit dem die Tastsysysteme in alle Raumrichtungen ohne Umrechnung umgesetzt werden konnten.
     

Quelle: Stiefelmayer
  • Auf dem optischen Sektor waren die Profilprojektoren die Vorläufer für die Geräte mit „optischer Antastung“ und Bildverarbeitung. In einem ersten Schritt wurden diese Projektoren mit opto-elektronischen Sensoren wie dem Tastauge von Werth oder dem Kreis-Kreisring­Sensor von Zeiss Jena ausgerüstet. Sie ermöglichten eine automatische Erkennung und Datenübernahme von Kanten.
     
  • Das Universal-Messmikroskop UMM von Carl Zeiss Jena wurde über viele Jahre erfolgreich verkauft. Auch bei Carl Zeiss Oberkochen wurde seit 1955 ein 2D-Koordinatenmessgerät, genannt UMM 200, in das Programm genommen. Das Messobjekt wurde visuell mit einem Messmikroskop „angetastet“. Die Glasskalen wurden mit einem Okular, durch Spiegel umschaltbar, optisch abgelesen. Der später an dieses Gerät angebaute erste Taster war ein starrer Schaft mit einer Metallkugel, die beim Antasten an ein metallisches Werkstück einen Stromkreis mit wenigen µA schloss. Das Antasten wurde von einem „Magischen Auge“ angezeigt und musste besonders gefühlvoll erfolgen.
     

Quelle: Werth
  • Vorläufer der Koordinatenmessgeräte war auch der Messstand Leitz Strasmann. Er wurde 1975 ebenso wie das Tischgerät UPM-3D „automatisch“ mit einem 3D-Messkopf angeboten.
     
Leitz Strasmann 1975 mit 3D-Messkopf


Quelle: Leitz

  • Der VEB Carl Zeiss JENA trat mit dem Universalmessstand UMS 1975 an die Öffentlichkeit. Das Gerät hatte oben liegende Führungen mit vier Säulen. Dadurch war die Zugänglichkeit sehr beeinträchtigt. Die Positionsmessung der Messschlitten erfolgte über so genannte Wälzschraubgetriebe. Der Messkopf verfügte über einen wechselbaren Messeinsatz mit max. fünf Tastern. Er war gegen einen Zentrierprojektor auswechselbar. Der Messtisch hatte Justierungsmöglichkeiten in drei Freiheitsgraden zur mechanischen Ausrichtung der Messobjekte. Man erkannte später, dass der Messkopf prinzipielle Mängel aufwies. Auch wegen der in der damaligen DDR nur begrenzt verfügbaren Datenverarbeitungstechnik war eine Wettbewerbsfähigkeit des UMS nicht gegeben. Das Gerät wurde etwa 1980 wieder vom Markt genommen. Der VEB Carl Zeiss JENA übernahm nach der wende 1989 die Beratung für den Vertrieb der Koordinatenmessgeräte von seinem westlichen Bruder Carl Zeiss Oberkochen.
     
Universalmessstand UMS 1975 Carl Zeiss Jena


Quelle: Carl Zeiss Jena

  • Ein weiteres in Deutschland entstandene Gerät erregte bei seiner Vorstellung 1973 auf der „Microtecnic“ in Zürich internationales Aufsehen:
    Die heute schon legendäre UMM 500 (Universal Mehrkoordinaten Messmaschine) von Carl Zeiss Oberkochen. Der messende 3D-Messkopf war mit fünf Tastern („Sterntaster“) bestückt. Schief gestellte Endmaße wurden motorisch (mit „Joysticks“ von Hand gesteuert) mit einer Wiederholbarkeit von wenigen Zehnteln Mikrometern gemessen
    Die UMM hob mit einem Schlag die 3D-Messtechnik auf ein höheres, bis dahin unbekanntes Niveau.
     

Quelle: Carl Zeiss Oberkochen
  • 1987 wurde auf der Messe CONTROL in Sinsheim das erste Multisensor-Koordinatenmessgerät mit kombinierter Bildverarbeitungs- und Lasersensorik vorgestellt.
    Der Optik-Kopf war so gestaltet, dass über zwei Kameras zwei feste Vergrößerungen genutzt werden konnten, zusätzlich war ein Lasertriangulations-Sensor in den gleichen Strahlengang integriert.
     
1987 Multisensor-Koordinatenmessmaschine Inspektor 300


Quelle: Werth
  

  • Die Entwicklung ging von 1973 an rapide aufwärts. In einer Marktübersicht von 1975 wurden bereits 49 verschiedene Koordinatenmessgeräte aufgezählt, die von 17 Firmen angeboten wurden.
     
 
  

 

Änderungsstand: 12.08.2009   © AUKOM e.V. 2007[ Startseite ] [ Inhalte ]